Besuch beim Ich

 

Psychologisches Coaching und Psychotherapie besitzen einige Gemeinsamkeiten, aber mindestens genauso viele Unterschiede. In Abgrenzung dazu erklären sich einige Spezialisierungen des Coachings freundlicherweise von selbst. Zum Beispiel “Berufliches Coaching” oder “Fitness-Coaching”. Zu verstehen, um was es dabei jeweils geht, ist einfach: Berufliches Coaching hilft mir auf meinem Weg zum nächsten Elon Musk, Fitness-Coaching soll den inneren Rambo aktivieren, der für gewöhnlich vom ebenso im Inneren wohnenden Schweinehund in Schach gehalten wird. In diesem Artikel befassen wir uns jedoch mit dem deutlich unintuitiveren Begriff des “Psychologischen Coachings”, auch bekannt als “Persönliches Coaching”.

Die WHO hilft!

Die deutlichste Abgrenzung ist zunächst die folgende: Coaching zielt auf Menschen ab, die (mehr oder weniger) psychisch in Ordnung sind. Das bedeutet, dass kein Krankheitsbild nach ICD10 vorliegt. ICD steht kurz für den handlichen Begriff “Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme”. Dort ist klar definiert, was eine (psychische) Erkrankung darstellt und was nicht. Coaches haben nicht die Berechtigung, derartige Krankheitsbilder zu behandeln. Dazu benötigt man eine langjährige Ausbildung, die letztendlich in einer Zulassung als Psychotherapeut:in resultiert. Im Laufe des Coachings kann allerdings erkannt werden, dass eine Therapie sinnvoll wäre - was auch eine wichtige persönliche Erkenntnis darstellt. In dieser Erklärung haben wir auch soeben den nächsten sinnvollen Begriff gefunden, um die Unterschiede klarer zu erfassen: nämlich den der “Behandlung”.

Coaching oder Behandlung?

Psychotherapie fällt unter Behandlung. Coaching wiederum stellt eine reine Begleitung dar. Was von Beidem nun sinnvoll für einen selbst ist, hängt vom persönlichen Empfinden ab. Bin ich komplett erledigt, “komme nicht mehr klar” oder kann kaum einen sinnvollen Gedanken mehr fassen, dann ist ein Coaching mit ziemlicher Sicherheit der falsche Weg. Habe ich jedoch zumindest eine klitzekleine Idee davon, woran es liegen könnte, dass ich beispielsweise gerade sehr unter meinem Privatleben leide, kann ein Coaching in Betracht gezogen werden.

Die Haltung des Coaches

Klient:innen (nicht: Patient:innen) sind nach Ansicht eines Coaches die Expert:innen für das eigene Leben. Davon ausgehend definieren sie auch die eigenen Ziele, welche mit Unterstützung des Coaches erreicht werden sollen. Man setzt sich also zusammen, legt fest wohin die Reise geht und schafft auf dem Weg zur Ziellinie eventuell noch ein paar lästige innere Widerstände aus dem Weg. Ein Coaching kann entweder rein zielorientiert oder auf das persönliche Innenleben bezogen sein. Oder beides, wenn erwünscht.

Beides auf einmal?

Pychotherapeut:innen geben oft auch tolle Coaches ab. Allerdings ist dieser Berufsstand meistens derart mit der Ausübung von Psychotherapie beschäftigt, dass keine Zeit für Coachings bleibt. Das Schöne ist aber: ein Coaching kann eine Psychotherapie oftmals ergänzend begleiten. Es kann beispielsweise dabei helfen, die in der Therapie als hilfreich erkannten Verhaltensweisen in den Alltag zu integrieren und umzusetzen. Oft hilft es auch schon, einfach einen “neutralen Raum” zu haben, in dem man über die eigenen Erfahrungen sprechen und reflektieren kann.

Kurz gesagt: eine Psychotherapie stellt (mindestens) grundlegende Selbstmanagement-Fähigkeiten wieder her. Coaching nimmt den Faden auf und zündet den Nachbrenner, um aus grundlegenden Fähigkeiten die bestmögliche Version Ihrer selbst zu entwickeln.


Mehr Infos: wie ich coache

 
Michail Berenfeld